Unsere Teilnahme an der bikeTRANSALP2019 liegt nun schon über zwei Jahre zurück und ich werde mal versuchen, ein paar Erinnerungsfetzen der einzelnen Etappen zusammenzufassen und daraus so etwas wie einen kleinen Bericht zu zimmern. 2019 habe ich den Fokus nicht aufs Texten gelegt, sondern aufs Ankommen. Und das hat sich auch gelohnt.

Außerdem hatte Freeride Inc. eine Kamera dabei und hat alle Etappen mitgefilmt. Langweilig wird das hier also nicht 😉

Etappe 1: Tux -> Brixen | 107km | 3.200hm

Was für eine Etappe! Der Start in Lanersbach kam uns bei 16°C Außentemperatur „recht kühl“ vor, aber zum Glück ging es ja von Anfang an bergauf. Und zwar 1.000hm am Stück auf’s Tuxer Joch. Dort erwartete uns nach gut anderthalb Stunden Kletterei eine Außentemperatur von vier Grad! Knackig! Also „Jacke an“ und ab ins Schmirntal. Wir durften den neu gebauten Trail mit (mindestens) 66 Kurven einweihen – die offizielle Eröffnung sollte erst im August stattfinden.

Eine kleine Rampe mit 400hm hatte der Streckenchef noch eingebaut, bevor uns ein anspruchsvoller Trail am Brennersee ausspuckte. Der Brenner war schnell passiert („Hallo HeikeK!“) und die Jagd auf dem Radweg nach Mauls konnte beginnen.

Dort angekommen, lag nach der zweiten Verpflegungstelle „mein persönlicher Angstberg“ vor uns: das Valser/Valler Jöchel. Mit rund 1.000hm auf 10km Strecke baut sich hier eine gewaltige Wand vor dem Flachländer auf. Aber die mentale Vorbereitung, das körperliche Training und auch die deutliche Gewichtsreduktion zahlten sich aus: wir waren mit 01:38h fast zwanzig Minuten schneller oben als 2017.

Auch wichtig war, dass wir jetzt schon wussten, was uns auf den letzten 25 Kilometern erwarten würde. 2017 hatte ich „die paar Wellen“, die dann laut Höhenprofil noch kommen sollten, völlig unterschätzt. Es waren nämlich nicht nur Wellen, sondern auch ein paar böse Gegenanstiege und Rampen – in der Summe mit gut 300hm. Die machen Dich endgültig fertig, wenn Du schon fast fertig bist und eigentlich meinst, dass es jetzt nur noch bergab geht. Aber 2019 waren wir darauf vorbereitet und erreichten Brixen nach gut sieben Stunden Fahrzeit „gut müde“, aber nicht „vollkommen fertig“.

Wenn der Rheinländer etwas zum zweiten Mal tut, so hat das dann schon Tradition. Also verbrachten Sigi und ich den ersten Abend der bikeTRANSALP traditionell im Kutscherhof und nicht bei der Pasta-Party. Schlutzkrapfen, Pizza und (aus heutiger Betrachtung) deutlich zu viel Bier, rundeten den Tag ab.

Etappe 2: Brixen -> St. Vigil| 58km | 2.500hm

Als erstes mal ein paar Zahlen: Das Verhältnis aus „Höhe in Metern zu Strecke in Kilometern“ (Elev/Dist m/km im veloviewer) betrug bei dieser Etappe 42.7. Ok, klingt beeindrucken – oder auch nicht. Ins richtige Licht rückt das Ganze erst, wenn man zwei Vergleichswerte kennt: bei meinen Trainingsfahrten in 2018 und 2019 rund um Euskirchen lag dieser Wert im Schnitt bei ca. 4.0! Hier in der Eifel, wo ich mich nun auf die bikeTRANSALP2022 vorbereite, schaffe ich mit ein bisschen gutem Willen 20.0, im Schnitt aber auch eher 15.0.

In meiner bisherigen Radsportkarriere gab es nur vier Touren, bei denen das Verhältnis noch heftiger war – und bei zwei von diesen Touren war „eine Heike“ dabei! Bei der zweiten Etappe der Watzmann-Hochkönig-Runde haben Sigi und ich HeikeK zur Gotzenalm gescheucht – da hatten wir 52.7. Meine HeikeM musste mit mir mal von Nauders über die Goldseehütte aufs Bergkastel fahren (später wurde das die erste Etappe der bikeTRANSALP2021) – da lagen wir bei 49.0.

Ich möchte mich daher an dieser Stelle in aller Form bei den beiden Heikes entschuldigen 😉

Jetzt, wo die Eckdaten bekannt sind, kann es ja endlich losgehen! Und zwar mit 1.400hm auf 17km Strecke. Der Start in Brixen ist jedes Mal ein Erlebnis. Zuerst geht es moderat steil auf Asphalt bis St. Andrä und dann auf Schotter und deutlich steiler auf die Plose. Hinab gings dann durch den Bikepark, sehr spaßig, und dann „recht wellig“ bis St. Vigil. Ohne Sturzpech (wie 2017) und deutlich fitter, konnte ich die Landschaft – und davon gibt es dort viel – sogar etwas genießen.

In St. Vigil schaffte es das Team OHNEMOTOR.DE bei den Fotos des Tage sogar auf die große Leinwand…

Etappe 3: St. Vigil -> Welschnofen | 94km | 3.310hm

Ah, Tag 3! Von St. Vigil nach Welschnofen. Eine grandiose, mit fast 100 Kilometern und 3.300 Höhenmetern aber auch brutale Etappe. Mit Teilen der Strecke hatte ich mich schon mal beschäftigt, weil Andrea bei Ihrem zweiten Alpencross dort lang gekommen ist. So war ich auf die berühmten Armentara Wiesen, aber auch auf den Karrer-Pass gespannt. Aber der Reihe nach!

Nach dem Start ging es, wie morgens üblich, erst mal 600hm bergauf. Auf 10 Kilometer Strecke war das aber ersträglich. Im Alta Badia passierten wir zuerst Stern, Corvara und später Kolfuschg, um dann wie 2017 das Grödner Joch zu erklimmen. Nach kurzer, aber spektalulärer Abfahrt folgte der Aufstieg zum Sella-Joch. 2017 sind wir hier nördlich am Langkofel vorbei Richtung Seiser Alm gefahren. Dieses mal ging es aber in Richtung Süden – ins Fassatal.

Auf der Abfahrt am Fuße des Col Rodella Richtung Canazai erwischte mich (mal wieder) das Sturzpech. Bei einem Überholmanöver an einer Bachquerung übersah ich, dass auf der Holzbrücke Latten in Längsrichtung aufgeschaubt waren, um Pistenraupen bei der Überfahrt mehr halt zu geben. Nun, halt hatte mein Vorderrad dank dieser Latten auch. Allerdings fuhr es in eine andere Richtung als ich. Mein Helm verhinderte Schlimmeres (er war am Hinterkopf mehrfach zerbrochen) und die Brand- und Schürfwunden sind inzwischen auch wieder verheilt. Hose und Trikot waren hin und sind jetzt Bestandteil meiner Devotionaliensammlung.

Mama und Pappa erwarteten uns in Campitello und nach dem Einsatz von reichlich Sprühpflaster konnte es weitergehen. Es lagen immerhin noch 30km mit 400hm vor uns. Teilweise in brutalen Rampen versteckt. Aber wir wurden mit einer letzten geilen Abfahrt belohnt! Sucht bei Youtube mal nach Carezza Trail

In Welschnofen haben wir dann noch einen neuen Helm besorgt (Danke, Papa!) und in einem rustikalen Gasthof außerhalb des Dorfs unser Nachtlager aufgeschlagen. Aber das Essen war gut 😉


Etappe 4: Welschnofen -> San Martino | 75km | 2.550hm

San Martino di Castrozza? Noch nie gehört? Ich auch nicht. Soll wohl bei den Süd-Italienern ein berühter Skiort sein. Für uns ist das ganz klar das falsche Ende der Alpen. Aber da sollte es heute hingehen. Start um neun Uhr ist immer etwas entspannter als an den anderen Tagen. Man kann halt ne Stunde länger schlafen. Aber heute standen direkt am Anfang ein paar Highlights auf dem Plan. Als erstes der Karersee. Ja der berühmte See, wo sich die Berge im Wasser spiegeln. Keine Zeit für Fotos – Vollgas vorbei!

Dann folgte die Abfahrt zurück ins Fassatal – über den gleichen Pass, über den es tags zuvor hinauf ging. Aber Vollgas den Karrerpass runter – mit 50km/h im Schnitt – hat auch was. Aber bergab hat auch immer eine Schattenseite: man muss später wieder hoch! Uns erwarteten Aufstiege und Abfahrten zu Orten, die ich bei unserem Italiener nur als Vorspeise kannte! Lago di Paneveggio z.B.! In meiner Welt frei übersetzt: „See des vegetarischen Brotes“. Aber schön da, das muss man sagen!

Der letzte Anstieg des Tages hattes es in vielerlei Hinsicht in sich! Zum einen waren es mal wieder 700hm, die zum feierlichen Abschluss zu bewähltigen waren, zum anderen zogen Gewitterwolken auf. Vor der wirklich gewaltigen Kulisse aus „Punta Rolle“ und „Costazza“ war das ein Naturschauspiel, dass uns bis zum Passo Rolle begleitet hat. Dann gings wieder bergab. Wir lieferten uns auf den verbliebenen zehn Kilometern Abfahrt noch ein spannendes Rennen mit unseren Freunden aus Südafrika. Super nettes Vater-Sohn-Team. Aber wir waren schneller. Trotz Kuhscheiße auf dem Trail…

Noch schnell zwei Geschichten zu dem südafrikanischen Vater-Sohn-Team: als wir am ersten Morgen mit den zweien am Frühstückstisch saßen kam die Wirtin herein und sagte „Ihr wollts doch bestimmts Wetterfernsehn schaun!?“ und machte den Fernseher an. Sekunden später flimmerten Bilder vom Tuxerjochhaus über den Bildschirm, die Schneefall zeigten.

Den beiden Damen vom Team Björkekärr und uns schauderte es. Der „Sohn“ indes kommentierte die Bilder mit „Wonderful! I’ve never seen snow before!!“ 😉

Ähnlich war eine Situation bei irgend einer Taldurchfahrt: „WOWOWOWOWWWW!!! DAAAD!!! LOOK AT THIS!!! CRANBERRIES!!!“ Es waren zwar Weintrauben, aber er hatte sowas anscheinend auch noch nie gesehen…

Etappe 5: San Martino -> Folgaria | 113km | 3.150hm

An diese Etappe erinnere ich mich nur noch bruchstückweise. Auf der Karte sieht es so aus, als wären die ersten 25km leicht wellig und mehr oder weniger ein Selbstläufer gewesen. Dann kam der Regen und der Passo Brocon. Mit 900hm auf 15km eher moderat und gut hochzukurbeln. Aber der Regen! Als wir oben ankamen waren die Klamotten nass und das Thermometer auf ~8° gefallen. Und das sollte in der nun kommenden Abfahrt, die über einen anspruchsvollen und nassen Trail erfolgte, vorerst nicht besser werden. Erst im Tal konnten wir uns wieder aus den Regenjacken pellen und die dann bis zu 30° genießen. Hier mal die Temperaturkurve:

An die dann folgende 25km-Jagd auf dem Radweg im Tal kann ich mich noch erinnern – da konnte ich Sigi ein bisschen Rennrad-Wissen und -taktik vermitteln. Aber der letzte Anstieg nach Folgaria ist komplett aus meiner Erinnerung gelöscht. War ein langer Tag.

Das Video lässt sich leider nicht hier einbinden – also schnell zu Youtube!

Etappe 6: Folgaria -> Trento | 59km | 1.350hm

Tendentiell bergab, aber dennoch 1.350hm – so kann man die vorletzte Etappe der bikeTRANSALP2019 zusammenfassen. nach einem fast „gemütlichen“ Aufstieg von ca. 500hm auf den Dosso delle Somme (dort stehen die Ruinen der Festungsanlage Werk Serrada aus dem ersten Weltkrieg) ging es auf der gleichen Strecke wie 2017 (2017 hinauf, diesmal hinab) ins Dörfchen Carbonare. Dass ich dort inzwischen schon viermal war (2017 Etappe 6+7, 2019 Etappe 5+6) wird mir erst jetzt beim Kartenstudium klar. (Jetzt, nachdem ich die bikeTRANSALP 2022 auch gefinished habe, war ich sogar schon sechsmal dort. Die Etappen 6+7 gingen dort dieses Jahr auch schon wieder durch!)

Bis Trento ging es dann wellig, manchmal aber auch sausteil weiter. Und der Trail nach Trento runter war ein echtes Highlight!

Etappe 7: Trento -> Molveno | 60km | 2.400hm

Start! Und schnell und flach raus aus Trento. So kann man die ersten 2km der letzten Etappe zusammenfassen. Dann fünf Minuten Stillstand – der Weg war zu schmal und zu steil für das gesamte Feld. So hieß es erstmal „sortieren“ und gesittet weiter. Was dann folgte, war schlicht brutal: 620hm auf 6km mit – in der Spitze – 23% Steigung. Aber irgendwo mussten die 2.400hm des Tages ja versteckt sein 😉

Das sollte aber nicht die letzte Prüfung gewesen sein. Bei Kilometer 20 warteten 1.5km mit 20% Steigung auf uns. Bei Kilometer 25 nochmal und auch der Stich nach 40km Strecke hatte es mit über 20% auf fast 1.000m echt in sich. Bei Kilometer 47 sagen die Daten, dass wir 300m mit 85% Steigung hatten. Das ist entweder ein Meßfehler oder es war eine Tragepassage. Ich weiß es nicht mehr 😉

Und dann war es fast geschafft! Noch 25 Kilometer, topfeben, warteten auf uns. Wir ballerten am wunderschönen Lago di Nembia (Etappenziel bei unserem AlpenX 2018) vorbei, mit einem atemberaubenden Tempo über den Uferwanderweg des Lago di Molveno, dann nochmal (als ob es nicht genug gewesen wäre) in einem Bogen um den Lago di Bior bis ins Ziel im Strandbad.

Erleichterung, Freude, Stolz. Dann jede Menge Bier. Und eine Medaille! Ich bin heute noch stolz wie Oskar. Hatte ich eigentlich erwähnt, dass unsere Anmeldung für 2022 schon erfolgt ist… 😉

Wenn Du es bis hier geschafft hast und immer noch nicht genug von unserem Abenteuer bikeTRANSALP hast, dann habe ich hier ein Album mit ein paar Fotos für Dich…