„Eine Eifelüberquerung, die könnte man ja auch nochmal machen! Von hier nach Trier!“ hab ich mir irgendwann mal gedacht. „Oder eine Hunsrücküberqerung – von Trier nach Koblenz!“ – die Routen waren schnell geplant, aber dann zeigte sich ein Problem: die Bahnstrecke zwischen Trier und Euskirchen ist nach der Flut 2021 noch nicht wieder in Betrieb. Das hieße Schienenersatzverkehr – doof, mit Fahrrädern. Also war Trier weder als Ziel- noch als Ausgangspunkt geeignet. Und so kam ich auf die Idee mit dem Dreieck…

Luftlinie sind „die Walbig“ (also „hier“), Malmedy und Aachen jeweils ungefähr gleich weit voneinander entfernt. Und die Streckenplanung offenbarte, dass das entsprechend auch als Route so war. Also plante ich drei Routen: von der Walbig nach Malmedy (70km/1.200hm), von Malmedy nach Aachen (68km/1.100hm) und von Aachen wieder auf die Walbig (66km/1.200hm). Und dann verschwand das Projekt in der Schublade…

Bis Hilmar eines schönen Tages sagte „Eine Eifelüberquerung, die könnte man ja auch nochmal machen!“ – schnell war meine Idee aus der Schublade gezaubert, ein Termin gefunden und los konnte es gehen. Dass Sigi genau an diesem Termin Urlaub hatte und sich irgendwann mal mit einem „Wir könnten ja auch nochmal irgendwas überqueren!“ meldete, war eine schöne Fügung des Schicksals. Und so standen wird am letzten Dienstag des Augusts 2023 um zehn Uhr auf der Walbig und klickten ein…

Von der Walbig nach Malmedy (70km/1.200hm)

Wir starten leicht wellig, aber konstant bergauf, und fahren über Wolfgarten und den Kohlweg Richtung Gemünd. Es folgt eine schnelle Abfahrt ins Urfttal und nach einem kurzen Trail von Gemünd aus dann ein knackiger Anstieg auf die Dedenborner Hochebene. Die alte Panzerstraße kennt’s Ihr schon – wir verlassen diese und fahren einen Trail in Richtung Erkensruhr. Achtung, ruppig, felsig, glatt, nass! Der Anstieg Richtung Rothe Kreuz ist schon der dritte von vier an diesem Tag. Hier muss man ein bisschen arbeiten. Mit viel auf und ab geht es durch die letzten Ausläufer des Nationalpark Eifel bis Kalterherberg/Küchelscheid, wo wir Deutschland für ca. 500m verlassen und erstmals auf dieser Tour einen Fuß auf belgischen Boden setzen. Es folgt ein wenig Länder-Hopping, bis wir endgültig in Belgien sind und das Hohe Venn umrunden. Der höchste Punkt der Etappe – das Signal de Botrange – ist nun in unmittelbarer Nähe. Die letzten 10km bis Malmedy sind ein wilder Mix aus Aufs und Abs und enden in einer steilen Abfahrt zum Hotel. Optional können wir auch noch eine Runde durch den Bikepark am Ortsrand drehen – den hätte Marc Schneider auch nicht ausgelassen 😉

Streckenbriefing zu Etappe 1 (im „Marc Schneider Style“)

Und genau so kam es dann auch. Mein Streckenplan ging auf und offenbarte gegen Mittag dann aber einen entscheidenden Fehler! Ich hatte vergessen, Verpflegungspunkte einzuplanen! Aber zum Glück fanden wir in Küchelscheid eine Bäckerei, in der wir CripsyChicken-Brötchen, Butterstreusel und Kaffee tanken konnten! Und das, obwohl die Verkäuferin „heute alleine“ war, nur eine Kasse hatte und draußen zu ist. Und unsere „Über Kreuz“ Bestellungen haben sie auch überfordert. Drei Kunden auf einmal! In Küschelscheid! An einem Dienstag!

Den Blick von der Aussichtsplattform im Hohen Venn sollte man sich nicht entgehen lassen! Man kann dort von ganz links bis weit nach rechts alles sehen! Sigi war angemessen beeindruckt!

Nach dem Besuch am Hohen Venn stand noch ein zweites Highlight auf dem Programm: wir bestiegen den höchsten Berg Belgiens und fanden uns in 700m über Normalnull wieder! Atmen fiel hier schon ein wenig schwerer…

Bis nach Malmedy rollte es nun fast wie von alleine. Den Bikepark am Ende des Tages mussten wir dann allerdings doch auslassen bzw. wieder herausschieben – wir hatten zielstrebig eine monströs steile Line erwischt. Da war schräg bergab schieben deutlich gesünder!

Wir residierten im MY HOTEL in Malmedy, gingen aber abends ins Städchen, um zu speisen. Als wir uns auf Pizza geeinigt und eine Pizzeria ausgewählt hatten, kam die Ernüchterung: eine ausschließlich französisch und sehr schnell sprechende Bedienung erklärte uns, dass es „hier“ kein Bier gäbe, sondern nur Pizza. Aber man könne sich das Bier gegenüber in der Kneipe holen. Alternativ können man sich auch in die Kneipe setzen und die Pizza liefern lassen. Ein verwirrendes, aber interessantes Konzept. Nach kurzem Nachdenken und Prozessoptimierung entschieden wir uns für die zweite Lösung und zogen in die Kneipe um.

Die Pizza war lecker (auch wenn Hilmar die ganze Nacht mit seinen Kapern und Sardellen gekämpft hat), reichlich und eine gute Ergänzung zum Jupiler, welches sich auch in Mengen erstaunlich gut trinken ließ.

Nach einem hervorragenden Frühstück bereiteten wir uns auf Etappe 2 vor…

Von Malmedy nach Vaals (68km/1.100hm)

Diese Etappe ist für mich absolutes Neuland und macht mir jetzt schon ein wenig Angst. Tendenziell geht es heute bergab, aber es sind auch ein paar knackige Rampen dabei. Wir verlassen Malmedy nach einer Durchquerung der Altstadt und kommen nach ca. 2.5km in den ersten Anstieg. Also seid vorbereitet. Bis zum Circuit de Spa-Francorchamps sind es knappe 10km. Wir treffen im Bereich von Les Combes auf den heiligen Asphalt und versuchen, uns über die Besuchertunnel und -pfade an der Strecke entlang zu hangeln. Wir passieren Eau Rouge und verlassen die Piste im Bereich von La Source. Mangels Ortskenntnis habe ich mich hier bei der Planung auf Highlights aus Komoot gestützt uns versucht, diese sinnvoll zu verbinden. Ob das geklappt hat, wissen wir dann in vier Wochen 😉 Wir werden Passagen auf den belgischen RAVeL (alte, asphaltierte Bahnlinien) erleben, uns aber auch ein paar Höhenmeter auf Trails erarbeiten müssen. Nach der Halbumrundung des Lac de la Gileppe auf dessen Westseite hat das Auf und Ab bei Eupen erstmal ein Ende. Die nächsten 20km bis Holland sind vom Profil her ein sanfter Selbstläufer. Bei Kilometer 60 stellt sich dann der nördlichste Zipfel der Eifel in unseren Weg – der Vaalser Berg. Den heben wir uns aber für morgen auf und umrunden ihn respektvoll. Be prepared – eine letzte 100hm Rampe wartet vor der finalen Abfahrt auf uns!

Streckenbriefing zu Etappe 2 (im „Marc Schneider Style“)

Wie geplant verließen wir Malmedy recht zügig, mussten aber unplanmäßig ein kleines Stück Landstraße einschieben. Mein Geschwindigkeitssensor quittierte recht früh am Tage den Dienst, konnte aber mit einer neuen Batterie reanimiert werden. Diese Montagepause nutzen Hilmar und Sigi, um die Regenhauben über die Rucksäcke zu tüddeln – ich hielt das noch für verfrüht.

Hinter einer Kuppe versperrte und ein Zaun und ein Drehkreuz den Weg. Wir hatten die Rennstrecke erreicht! Während Hilmar und ich noch überlegten, wie man wohl über den Zaun und etwas näher an den heiligen Asphalt käme, drücke Sigi mutig gegen das Drehkreuz (welches sich überraschenderweise drehte) und trat hindurch. Nun, öhm, das geht dann wohl in beide Richtungen… Wir standen und harrten und plötzlich ein Höllenlärm! Ein Porsche 919 (Les Mans Sieger ) donnerte seine weit mehr als 1.000PS entfesselnd an uns vorbei! Dann noch einer! Und zwei BMW M-Irgendwas.

Wir folgten dem Streckenverlauf und erhaschten den einen oder anderen einmaligen und beeindruckenden Blick auf die Strecke und die Wagen. Bevor wir Eau Rouge (Kurve) erreichten, stand aufgrund eines klitzekleinen Planungsfehlers noch eine Überquerung der Eau Rouge (Fluß) an.

Traditionell hat Hilmar bei Eifel-Überquerungen mindestens auf einer Etappe einen nassen Fuß – so auch heute…

Nach einigem Hin- und Her an der Strecke und auf den Tribünen machten wir uns auf die Suche nach einem Ausgang. Im Bereich von la Source, bei Tageskilometer 13, fanden wir dann einen geeigneten und…

…es begann zu regnen.

Und es hörte nicht mehr auf! Zwar ließen uns kurze trockene Abschnitte immer mal wieder hoffen, aber es hörte einfach nicht auf. Und es wurde kalt dabei. Treten fiel schwer, Schalten fiel schwer, die Stimmung näherte sich einem Tiefpunkt. Aber auch Jammern fiel schwer. Viel fiel schwer halt. Und so kurbelten wir die nächsten gut 50km Richtung Vaals und fühlten uns ständig an Forest Gump erinnert, der dereinst sagte

„Wir haben so ziemlich jeden Regen gehabt, den es gibt. Regen mit kleinen prasselnden Tropfen, richtig schönen dicken Tropfen, Regen, der von der Seite kam und manchmal sogar Regen, der von unten nach oben zu kommen schien.“

Forest Gump

Und wenn man bei Regen durch den Wald fährt, dann fliegt einem der Dreck nur so um die Ohren. Und wenn man dann im ländlichen Bereich einen Bauernhof passiert. Dann bleibt es nicht nur bei Dreck. In Gemmenich, kurz vor der niederländischen Grenze, hatte das Elend ein Ende. Es hörte auf zu regnen und die Sonne drückte durch die Wolken. Schön!

Bei unserer Ankunft im Nobelhotel „Bilderberg Hotel Kasteel Vaalsbroek“ zogen wir dann natürlich dann die Blicke auf uns, als wir komplett fertig und schlammbeschmiert um Einlass baten. Aber, wie das halt so ist – wer hier ein Zimmer bezahlen kann, der darf auch aussehen wie ein Schwein 😉

Den restlichen Tat verbrachten wir mit Materialpflege und duschen. Hilmar föhnte außerdem noch seine MTB-Schuhe trocken – er hatte keine „Abendschuhe“ dabei. Nun wollten die Herrschaften noch speisen – wir entschieden uns gegen das Nobel-Restaurant und begaben uns in das „Bistro“, in welchem wir uns direkt wohl fühlten. Der „Oberkellner“ identifizierte uns direkt als Radsportler und lobte unseren Durchhaltewillen an diesem Schlechtwettertag. Wir bestellten Bier. Brand. Halbe Liter. Leer. Die haben auch Weizen! Her damit! Leer! Lecker! Regelrecht schockiert was Sigi von der (eigentlich nur in Deutschland unbekannten) Marotte, den Schaum vom Bier abzustreifen. Geschmeckt hat’s trotzdem!

Zum Abendessen gab es Senfsuppe (super!) und Burger bzw. Rumpsteak mit Fritten – auch super! Und so klang der Abend mit einigen Bierchen aus.

Nach einem hervorragenden Frühstück waren wir bereit für den Endspurt, für Etappe 3…

Von Vaals zurück auf die Walbig (66km/1.200hm)

Jede Abfahrt rächt sich! Heute warten (bis zu) vier Berge auf uns! Wir starten mit kalten Beinen direkt in den ersten hinein. Der Vaalser Berg steht uns mit ca. 150hm im Weg. Nach dem obligatorischen Foto am Drielandenpunt geht es nach einem kurzen Schlenker durch Belgien wieder zurück nach Deutschland. Wir kämpfen uns durch die Villenviertel und den Speckmantel (sic!) Aachens um dann bei Lichtenbusch ein letztes Mal einige Meter durch Belgien zu rollen. Der nun folgende Hürtgenwald wird uns an vielen Stellen an die dunkle Vergangenheit erinnern, aber sich trotzdem als tolles Bikerevier beweisen. Die letzten Kilometer gestalten wir dann ein wenig nach Lust und Laune und haben die Option, den vorletzten Berg durch das Kalltal zu umfahren. Unvermeidlich ist der letzte Anstieg von ca. 150hm. Unvermeidlich? Ja, denn die Walbig liegt oben…

Streckenbriefing zu Etappe 3 (im „Marc Schneider Style“)

Während goldbehangene Damen in die Beifahrersitze Ihrer Rolls Roys‘, Porsches und Golf 7 sanken, setzen wir unsere geschundenen Hintern wieder auf Ledersättel! Nebenbei bemerkt: es ist ein echtes Elend, dass Selle Italia die Produktion des C2 Gel Flow eingestellt hat!

Unser erstes Tagesziel und damit der zweite „höchste Gipfel eines europäischen Landes“ war der Drielandenpunt auf dem Vaalserberg. Normalerweise kriegt man hier kein Foto ohne fremde Leute hin, aber aufgrund der doch recht frühen Zeit am Tage klappte es fast 😉

Es fluppte uns gut in Richtung Heimat und nach stetigem Auf und Ab erreichten wir Simonskall, wo wir uns Kuchen und Kaffee gönnten. Nach dem Anstieg nach Schmidt und der schnellen Abfahrt nach Blens waren wir fast wehmütig, als wir uns in Hausen an den letzten Anstieg des Tages machten. Nur noch 120hm und 6km trennten uns von unserem Ziel.

Und so war es dann auch diesmal so, wie es immer am Ende solcher Touren ist – ausklicken. Ende.

Doch dieses Mal hatte ich für uns drei Teilnehmer noch eine kleine Überraschung vorbereitet…

(An dieser Stelle ein großes Danke an Maciek von Bulldog-Print, der das Logo perfekt als Plexiglas-Medaillen umgesetzt und in Weizenbier-Gläser gelasert hat!)